Vittoria und Ebba - Begleitung auf dem letzten Weg 5/2010

Pflegestelle zu sein, bedeutet in erster Linie dreierlei: Einen Hund bei sich aufnehmen, ihn so annehmen, wie er ist, und ihn anschließend loszulassen. Gerade das Loslassen ist für die Pflegestelle oft nicht leicht, da die Hunde in der Pflege nach der Eingewöhnung richtig aufblühen und nicht selten in kürzester Zeit eine beachtliche Entwicklung durchmachen. Dabei zu sein, wenn ein Hund wieder Lebensfreude entwickelt, Vertrauen gewinnt und zum Familienhund wird, gehört zu den großartigen Erfahrungen, die keine Pflegestelle mehr missen möchte. Die Freude daran, dass der Schützling mit der Vermittlung nun in ein richtiges Hundeleben mit eigener Familie starten kann, ist der Lohn für die Arbeit als Pflegestelle, auch wenn das Abschiednehmen schwer fällt.

In der Tierschutzarbeit gibt es aber leider nicht nur Happy Ends. Die wohl schwierigste Variante der Pflegearbeit ist die Betreuung von Hunden, die unheilbar krank sind und die auch die moderne Tiermedizin nicht mehr retten kann. Zu wissen, dass die Pflegezeit mit dem Tod des Tieres enden wird, gehört zu den schwierigsten Herausforderungen, denen sich eine Pflegefamilie stellen kann. Diese Aufgabe angenommen haben die Pflegefamilien von Vittoria und Ebba.

Vittoria ist eine 10-jährige Golden Retriever-Mix-Hündin. Bevor sie im Januar 2010 in eine Pflegestelle von Retriever in Not einzog, hatte sie ihr ganzes Leben in einem Tierheim verbracht. Die liebe und sehr verträgliche Hundeomi genoss daher gleich jede Streicheleinheit. Dabei fiel der Pflegestelle auf, dass sie zwei größere Knubbel am Bauch hatte, die hart und beweglich waren.
Der Tierarzt stellte fest, dass es sich dabei um bösartige Tumore handelte. Eine Röntgenaufnahme zeigte, dass die Tumore bereits gestreut hatten und auch die Lunge mit Tumoren befallen war. Da Vittoria ein sehr lebenslustiger Hund ist, beschloss Retriever in Not e.V. / Liberty for Dogs, ihr ein längstmögliches Hundeleben ohne Schmerzen zu ermöglichen. Ihre Lebenserwartung lässt sich schwer schätzen – von wenigen Monaten bis hin zu einem Jahr. Die Pflegestelle wird nun die Tumore weiter beobachten und Vittoria - so lange sie ihre Lebensfreude behält - die schönen Seiten des Hundelebens zeigen. Vittoria erhält dabei für diese Zeit die notwendige medizinische Versorgung von Retriever in Not e.V. / Liberty for Dogs. 

Auch die Pflegestelle von Ebba, einer 8-jährigen Labradorhündin, begleitete ihren Pflegehund bis in den Tod. Ebba ist erst kürzlich verstorben. Auch sie konnte die Zeit bis zu ihrem Abschied im Kreise einer liebevollen Familie verbringen und baute selbst in ihren letzten Wochen noch Schritt für Schritt Vertrauen auf.

Wie und wo Ebba ihr Leben verbracht hat, wissen wir nicht. Als sie im August 2009 zu Retriever in Not e.V. / Liberty for Dogs kam, wurde zunächst ihr Staupe-Gebiss versorgt. Zweimal wurden ihre Zähne beim Tierarzt behandelt, bei der zweiten OP wurde die Hündin auch kastriert. Die längst notwendige Operation zeigte Wirkung. "Ebba ist viel fröhlicher seit der OP und begrüßt uns sogar schwanzwedelnd", freute sich ihre Pflegestelle. Trotzdem schien Ebba Schmerzen beim Aufstehen und Laufen zu haben. Die Pflegestelle konnte zudem Knubbel über den Rippen ertasteten. Der Tierarzt stellte eine niederschmetternde Diagnose: Der bösartige Krebs hatte bereits gestreut, es waren Metastasen in der Leber und an den Rippen zu sehen. Nicht weniger schockierend war der Anblick einiger schief zusammengewachsener Rippen auf dem Röntgenbild. Offensichtlich hatte Ebba früher einige Rippenbrüche erlitten. Auch ein gebrochener Vorderlauf war nicht behandelt worden. Nach 15 Tierarztbesuchen verbrachte die schwer kranke Hündin ihre letzten Wochen in liebevoller Geborgenheit in ihrer Pflegefamilie und wurde auch weiter regelmäßig medizinisch versorgt. Ende April stellte sie das Fressen ein. Am 30. April 2010 ist Ebba für immer eingeschlafen.
Immer wieder werden Retriever in Not e.V./Liberty for Dogs Hunde gemeldet, deren Gesundheitszustand keine Heilung mehr zulässt. Vielen von ihnen haben vorher nie einen Tierarzt gesehen. Die meisten Hunde genießen in den Pflegefamilien von Retriever in Not/Liberty for Dogs erstmals in ihrem Leben medizinische Versorgung und liebevolle Pflege. Meist sind es ehemalige Zuchthunde, deren ganzes Leben nur aus Auszehrung und Ausbeutung bestand. Manchmal auch Familienhunde, deren Halter sich aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr um ihre Hunde kümmern können. Wie alle unsere Notfälle finden auch unsere todkranken Schützlinge Familien, in denen sie ihren Lebensabend in ruhiger und friedlicher Atmosphäre genießen können -tierärztliche Unterstützung und Begleitung durch unser Betreuungsteam inklusive.

In meinem Leben
Bin ich oft geflogen
Bin ich tief gefallen
Und manchmal auch ertrunken
Ich hab gewonnen
Und ich hab verloren
Und ich bin gestorben
Und wieder neu geboren
Ich hab gegeben
Und ich hab genommen
Wir haben uns gefunden
Wir sind so weit gekommen
Ich bin mir nach
Und immer wieder fremd
Das hat was von Allein sein
Und dass mich keiner kennt
(Nena)